Diese Doppelkuppelkirche in Venedig ist mit den für Wilhelm Fikisz typischen „Lichtfarben“ entstanden. Seine Bilder scheinen oft förmlich zu leuchten! Mit diesem Motive widmet er sich einem neuen Schwerpunkt in seinem Werk: Er erforscht das Malen auf kleinen Formaten. Dabei ist „das kleine Format“ – das kleine Aquarell – eine Symbiose aus der Erfahrung im „großen Format“ und der Erfahrung in der Reduktion. Diese Beschränkung auf kleinen Raum hilft ihm, in seinen Aquarellen das Wesentliche an einem Motiv zu erkennen. Außerdem muss man beim „kleinen Format“ keinen großen Zeitaufwand investieren. Je nach Größe des Blattes benötigt man nur wenige Minuten.
Wichtige Fragen
Zu Beginn jedes Aquarells, das Wilhelm Fikisz beginnt, stehen viele Fragen im Raum:
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- Welches Motiv wähle ich?
- Wie setze ich es um?
- Was für Farben verwende ich?
- Welche Farbe wird den Hauptton bestimmen?
- Woher kommt das Licht?
- und vieles mehr
Du brauchst:
- handgeschöpftes indisches Büttenpapier, 27 x 36 cm
- Aquarellfarben in Lasurorange, Rosa, Zitronengelb, Indischgelb, Perylenviolett, Perylengrün, Kobalttürkis, Neutraltinte, Vandyckbraun,
- Tusche in Weiß
- Pinsel: Aquarell-Synthetikpinsel Nr. 20, Linierer Nr. 2 und 8, Flachpinsel Nr. 10, grober Borstenpinsel
- Sprühflasche mit Wasser
- evtl. Bleistift Nr. 2
Der Beginn
1 Wenn die grundlegenden Überlegungen erfolgt sind, wird der Pinsel kräftig in die Farbe getaucht. Hier werden zuerst der Lichteinfall und die oberen Konturen des Bauwerkes bestimmt. In diesem Fall kommt das Licht von der linken Seite. Die linke obere Hälfte des Blattes bliebt also weiß.
Der Himmel wird immer in mehreren Farben gestaltet, um eine Monotonie des Hintergrundes zu vermeiden.
2 Nun versucht man, die Hauptmerkmale des Motives zu manifestieren. In diesem Fall sind es das Hauptportal der Kirche mit seinen mächtigen Fenstern sowie die Seitenportale.
Auch hier kommen verschiedene Farben zum Einsatz, um Eintönigkeit zu vermeiden.
Ein genaues Hinschauen ist ein sehr wichtiger Bestandteil, um im Motiv das Wesentliche zu erkennen.
3 Nachdem die wenigen Details der Hauptkirche auf dem Papier verankert sind, werden die stärksten Schatten und die Nebengebäude genau betrachtet und gemalt.
Da die „Santa Maria della Salute“ an den Canale Grande grenzt, wird hier noch die Wasserlinie markiert. So erhält das Motiv eine Verbindung zum Boden und damit Erdung.
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Der mittlere Teil
4 Nachdem die Kirche ihre Form erhalten hat und eine Raumeinteilung getroffen wurde, bekommt das Motiv einen farbigen Akzent, indem die Hauptkuppel mit oranger Farbe zum Leuchten gebracht wird.
In dieser Phase ist es wichtig, kühlen Kopf zu bewahren, damit das Bild nicht zu bunt wird!
Bis jetzt ist das Bild nur mit einer Farbschicht gemalt worden. Es weist noch keine Tiefe auf. Die Tiefe eines Aquarells ergibt sich durch die übereinanderliegenden Farbschichten.
5 Nun hat das „kleine Format“ seine Dunkelheit und Details erhalten. Das monometale Bauwerk ist schon gut zu erkennen.
Viele Maler würden jetzt schon aufhören und das Bild als fertig bezeichnen. Dem Bild fehlt es aber noch an Aussagekraft. Es weist auch noch sehr viel weiße Fläche auf, die genutzt werden kann, um neue Schichten im Werk zu manifestieren.
Zunächst darf es vollständig trocknen, wodurch die Farben etwas aufgehellt werden. Für die nächsten Schritte ist es sehr wichtig, dass das Papier trocken ist.
Die Verdichtung
6 Nachdem das Bild völlig getrocknet ist, wird das Aquarell verdichtet, indem weitere Farbschichten übereinander gemalt werden. Die Farbwahl muss dabei wohl durchdacht sein.
Zunächst wird mit einem Breitpinsel die Farbe Rosa über einen Teil der großen Kuppel bis ganz zum unteren Ende des Blattes gezogen. Mit dem gleichen Pinsel wird eine gelbe Schicht über den rechten Teil des gesamten Bildes gelegt. Zuletzt kommt sehr sanft ein Hauch von Dunkelgrün über den linken Teil des Bildes, bis ganz nach unten.
Durch diese Farbaufträge werden die darunterliegenden Farbelemente ein wenig aufgelöst und es entsteht ein malerischer Effekt.
Der Großteil der Kirche bleibt aber in der ursprünglichen, ersten Farbgebung unberührt. Dadurch kommt das Hauptmotiv im „Goldenen Schnitt“ klar und deutlich zu Geltung.
Dann darf das Bild wieder vollständig trocknen.
7 Der letzte Teil eines kleinen Aquarells ist der spannendste Abschnitt in seinem Werdegang.
Nun werden verschiedener Stellen um den Höhepunkt herum ausgewaschen. Für diese Technik benötigt man einen etwas härteren Borstenpinsel und viel reines Wasser.
Zuerst werden die entsprechenden Stellen im Bild mit einer Sprühflasche mit Wasser besprüht. Durch den Druck des breitgefächerten Wasserstrahls wird fein dosiert Farbe aus dem Bild ausgewaschen. Die angelöste Farbe wird mit dem Auswaschpinsel aus der Fläche aufgenommen.
Aber Vorsicht:
Nicht zu fest am Papier reiben! Es soll sich nicht auflösen.
Finish
8 Mit einem feinen langborstigen Pinsel werden nun – wo notwendig – noch kleine Details in das Werk eingefügt, um die Wichtigkeit einzelner Passagen, zum Beispiel am Höhepunkt des Bildes, zu verstärken.
In der Regel, wenn man bei Wilhelm Fikisz‘ Aquarellen überhaupt von Regeln sprechen kann, sind es die weißen Flächen, die hier noch betont oder verstärkt werden. Abschließend werden auch farbliche Details durch das Hinzufügen von kleinen Elementen vertieft.
Wilhelm Fikisz
- stammt aus dem österreichischen Salzburg. Er lebt und arbeitet seit 1991 im Aargau
- Seit über 20 Jahren sehr erfolgreich in der Schweiz als freischaffender Künstler tätig
- internationales Renommee als Aquarellist
- Dozent für Workshops und Malreisen bei versch. Anbietern, u. a. Boesner, Baumeler
- Mehr als 20 Publikationen (u. a. „LichtBilder“, „Das Wagnis der Fantasie“ u. „Die Kunst des Beginnens“ im Christophorus Verlag, Kunstkalender, Kataloge)
- Zahlreiche Ausstellungen
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