Die Kunst von Anita Hörskens ist äußerst vielseitig. Sie malt in Aquarell, Acryl und Mixed Media. Außerdem widmet sich der experimentellen Lithografie und liebt die Zeichnung, vor allem das Urban Sketching.
Besonders angetan hat es ihr aber die abstrakte, experimentelle Malerei in Acryl und Mixed Media. Ihre Bilder basieren auf einer Aneinanderreihung und Überlagerung von Flecken unterschiedlicher Materialität und Farbigkeit. Dabei arbeitet sie auch gerne seriell. Denn sie findet, dass der variierende Ansatz auf mehreren Bildträgern im selben Format den Erfolgsdruck und die Erwartung eines einzigen gelungenen Bildes minimiert.
Malen wie Autofahren ohne Navi
Ihre Art des Malens vergleicht Anita Hörskens mit Autofahren ohne Navigationsgerät. In unserer schnelllebigen Zeit neigt man dazu, einfach das Ziel einzugeben, um es möglichst schnell zu erreichen. Es ist aber ein ganz anderes Erlebnis, sich Zeit zu nehmen und auch den einen oder anderen Umweg zuzulassen. „Die Wegweiser an den Straßenkreuzungen helfen mir, mich an jeder Abzweigung neu zu orientieren. Ohne vorgegebene Strecke entscheide ich selbst und bewusst, welchen Weg ich nehme. Ich entscheide erst an der nächsten Kreuzung, ob ich zum Beispiel lieber links oder rechts abbiege oder besser geradeaus fahre, um ans Ziel zu kommen.“
So hält sie es auch beim Malen: Zwar hat sie dabei ein grobes Ziel vor Augen, die meisten Entscheidungen werden aber erst im Entstehungsprozess des Bildes getroffen. Auch hier lässt sie sich zunächst auf Umwegen treiben. Sie beginnt mit bedeutungslosen Spuren und Strukturen und umgeht damit die berühmte „Angst vor der weißen Leinwand“.
“Diese vom Motiv unabhängige, ja sogar willkürliche Oberflächengestaltung geschieht aus reiner Freude am Tun. Ohne Leistungsdruck kann ich meiner Kreativität freien Lauf lassen. Es geht noch um Nichts!”
Achtsam malen
Von da an überlegt sie erst nach und nach, wie der nächste Schritt aussehen könnte, welche Farbe passend und welche Technik geeignet wäre. Hier bringt sie auch den Begriff Achtsamkeit ins Spiel: „Ich erlaube mir, während des Malens vom Entwurf abzuweichen und achtsam auf Entstandenes zu reagieren. Ich habe keine Eile; ohne Zeitdruck kann ich mich von diesen Zwischenzuständen auf dem Weg zum fertigen Bild leiten lassen.“
Die Eigenheiten des Materials
Bei der Planung ihrer Motive berücksichtigt sie lediglich die Eigenheiten des Materials. Acrylfarbe lässt ihr viel Raum für Experimente und eignet sich hervorragend für die von Ihr bevorzugten vielfachen Schichtungen. In der gewünschten Konsistenz auftragen, z. B. als Impasto, Lasur oder Sfumato, entstehen aufwändige Effekte.
Baukasten der Möglichkeiten
Das Spiel der Techniken in unterschiedlicher Reihenfolge und in Kombination mit anderen Zeichen- und Malverfahren ermöglicht ihr schier endlose Variationen aus dem “Baukasten der Möglichkeiten”.
So zeichnen sich ihre Bilder aus durch spontan aufgebrachte Spuren, subtile Texturen, die sich mit deckenden Farbaufträgen und dezenten, kaum wahrnehmbaren Lasuren abwechseln. Während des Entstehungsprozesses wird gerade Geschaffenes ständig wieder verändert: Sie zeichnet in gemalte Farbflächen, übermalt, kratzt heraus, verwirft, reduziert, verdichtet.
„Malen ist für mich ein Spiel mit Linie, Fläche, Farbe und Form, im dem nichts im Vorhinein feststeht. Ein ständiges Entwerfen und Verwerfen, ein Aufbauen und Zerstören im Fluss des Arbeitens.”
Blicktiefe und Dreidimensionalität entstehen in Anita Hörskens Bildern durch collagierte Papiere und den Einsatz von Strukturpasten. Diese vermengt sie mit unkonventionellen Zuschlagstoffen, wie z. B. Asche, und überlagert ihre Bilder Schicht für Schicht in zarten Fragmenten. Bitumen, Schellack, Rost und Wachs ergänzen diesen experimentellen Ansatz.
Inspiration Natur
Die Ideen und Anregungen zu ihren Bildern findet Anita Hörskens in ihrem täglichen Umfeld. In ihren Bildern versucht sie, die Aufmerksamkeit und Achtsamkeit des Betrachters auf die zunächst unscheinbaren Details, die Farben und Formen der unmittelbaren Umgebung zu lenken und den Blick für unspektakuläre Motive zu schärfen.
„Die Farben der Natur, wie das unglaubliche Blau der Atmosphäre oder die Vielfarbigkeit von Wolken inspirieren, mich immer wieder zu neuen Farbkombinationen.“
Abstrakt wiedergegeben, erinnern diese Farben und Formen in ihren Bildern den Betrachter an erlebte Natur und erzeugen ein Gefühl von Harmonie.
Dieses Art des Malens und des achtsamen Umgangs mit der Natur und sich selbst möchte sie auch an die Teilnehmer ihrer Kurse und die Leser ihrer Bücher mit der für sie typischen Aufforderung weitergeben:
„Lasse deine Seele ohne Erfolgsdruck baumeln!”
Anita Hörskens
- Dozentin in allen gängigen Mal- und Zeichentechniken, Malreisen bei artistravel
- Eigene Malschule in Pfaffenhofen a.d.Ilm
- Autorin zahlreicher Lehrbücher zu Acryl-, Aquarell- und Pastellmalerei, Zeichnen und Farbenlehre
- Mappenvorbereitung für die Fachbereiche Kunst, Design und Architektur
- Einzelcoaching für Universitäts- und Fachhochschulbewerbungen
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