Wer als Auswärtiger in Wiesbaden nahe dem Kurpark durch die Straßen läuft, wird mitunter von lautem Gekrächze aufgeschreckt. Beim Blick nach oben in die Kronen der alten Bäume traut man dann seinen Augen kaum beim Anblick zahlreicher grüner Papageienvögel. Halsbandsittiche, ursprünglich aus den Tropen südlich der Sahara und aus Indien stammend, haben es sich in der Stadt bequem gemacht.
Ein besonderes Natur- und Zeichenbuch
Für uns Menschen bedeutet die Stadt vieles: pulsierendes Leben, kulturelle Vielfalt, aber auch Enge und Lärm in den Straßenschluchten. Doch was wir mit städtischem Leben eher nicht in Verbindung bringen, ist die Natur. Sie wird vielmehr als ultimativer Gegensatz zur Stadt wahrgenommen. Dass in dieser Einschätzung die Tierwelt schon mehrere Schritte weiter zu sein scheint, sorgt immer wieder für Erstaunen. Und vielleicht auch für einen Lichtblick im bedrohlichen Themenkomplex von Flächenverbrauch und Klimakrise.
Viel Information über Tiere in der Stadt
In seinem in deutscher Ausgabe im Knesebeck-Verlag erschienenen Buch “Der Papagei in der Platane” stellt Xavier Japiot Tierarten vor, die sich auf die unterschiedlichste Weise mit der Stadt arrangiert und sie als Lebensraum für sich entdeckt haben.
Bereits seit seiner frühen Kindheit ist Xavier Japiot von allem Lebendigen fasziniert. In Paris erstellt er Studien zur Biodiversität. Auf jeweils zwei Doppelseiten gibt er die wichtigsten Informationen zur jeweiligen Tierart und erklärt, wie es ihr gelungen ist, sich im städtischen Umfeld zu etablieren.
Wunderbare Zeichnungen
Den verständlichen Texten steht jeweils eine wunderbare Zeichnung des Illustrators Julien Norwood voran.
Norwood, der am Nationalmuseum für Naturgeschichte in Paris tätig ist, zeichnet die Tiere sehr präzise und exakt. Gleichzeitig gelingt es ihm durch die natürliche Farbgebung und die nachvollziehbaren Striche seiner Zeichnung aber auch, Wärme und Lebendigkeit zum Ausdruck zu bringen.
Die Zeichnungen machen unzweifelhaft den eigentlichen Zauber dieses Buches aus. Denn Norwoods Zeichnungen erinnern in Farbgebung und Ausführung an die Tierzeichnungen der Naturforscherin und Künstlerin Maria Sybille Merian. Trotz des zeitgemäßen Themas geben sie dem Buch einen fast nostalgischen Charme.
Mich jedenfalls hat “Der Papagei in der Platane” direkt in seinen Bann gezogen. Schon die Ausstattung ist wunderschön: Mit dem matt eingebundenen Hardcover und dem in Spotlack hervorgehobenen Handbandsittich auf dem Cover lädt dieses Buch einfach zum Blättern und Schmökern ein. Und offenbart dabei noch jede Menge ungeahnte Informationen über unseren eigenen Lebensraum, die Stadt.
Der Papagei in der Platane
Xavier Japiot,
Illustrationen von Julien Norwood
168 Seiten mit 80 farbigen Abbildungen
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Tierisch gut!