Immer wieder trifft man auf Menschen, die mit einem Skizzenbuch, einer kleinen Auswahl von Stiften und Pinseln und dem Aquarellkasten städtische Szenen skizzieren — die sogenannten Urban Sketcher. Warum also nicht auch Szenen aus der Natur so festhalten? Statt Urban eben Nature Sketching! Das Urban Sketching erfreut sich seit einigen Jahren großer Beliebtheit, dabei ist das Anfertigen von schnellen Skizzen gar nichts so Neues. Schon seit langer Zeit bringen Künstler ihre spontanen Eindrücke vor allem mit Bleistift und Aquarellfarben zu Papier. Landschaften und die Natur waren hierbei die wichtigsten Themen, denen man sich unterwegs mit einem kleinen Farbkasten und einem Malbrett widmete. Das war eigentlich bereits Nature Sketching, nur nannte man es noch nicht so.
Sich Zeit nehmen
Alleine oder in Gruppen stehen oder sitzen Urban Sketcher an Hausecken oder in der Fußgängerzone und bringen zu Papier, was sie anspricht. Während andere mit gezückten Handys, im touristischen Tempo vorbeieilend, einen schnell vergessenen Schnappschuss nach dem anderen produzieren, nehmen sich die Sketcher Zeit. Ganz gleich wo – in Mittenwald, in Venedig oder auf Mallorca – sie zollen dem Motiv Respekt, schauen genau hin, entschleunigen und sind beim Zeichnen und Malen ganz im Hier und Jetzt.
Näher an die Natur!
Von der weltweiten Bewegung des Urban Sketching ist der Schritt nicht weit zum Nature
Sketching. Anstelle der Häuserschluchten werden Landschaften zum Objekt der Begierde des Skizzierenden. Ob im Frühling, Sommer, Herbst oder Winter, Natur begegnet uns überall, wir müssen sie nur mit offenen Augen wahrnehmen.
Jetzt, da wir feststellen, dass unser natürlicher Lebensraum verletzlich und in seiner Existenz bedroht ist, beginnen wir, ihn bewusster zu sehen und wertzuschätzen. Nature Sketching bietet uns eine wunderbare Möglichkeit, uns unserer heimischen, natürlichen Umgebung wie auch der Natur unserer Reiseziele zu nähern. Gleichzeitig bietet dieses konzentrierte Hinsehen und das Einlassen auf das Motiv einen entspannenden, analogen Ausgleich zum stressreichen Alltag und zur digitalen Welt.
Natur ist überall
Obwohl die Auswahl an Natur-Motiven zugegebenermaßen auf dem Land etwas größer sein dürfte als in der Stadt, gibt es auch im städtischen Umfeld Refugien der Natur: Grünstreifen, bewachsene Innenhöfe, Gärten, urbane Parks, Naherholungsgebiete oder die Allee mit alten Bäumen in der Straße. Wichtig ist dabei, zu beobachten und genau hinzuschauen, um festzustellen, dass Grün eben nicht gleich Grün und Blau nicht gleich Blau ist.
Fragen der Wahrnehmung
Woher kommt überhaupt das Licht?
Wo sind die Schatten?
Welche Farben nehme ich wahr?
Welches Motiv wähle ich und welchen Bildausschnitt?
Was ist mir wichtig, was lasse ich zugunsten einer besseren Bildwirkung weg?
All das sind Fragen, die sich Sketcher vor oder während des Skizzierens stellen, um die festzuhaltende Szenerie authentisch darzustellen. Hier kommt wieder das Sich-Zeit-Nehmen und das genaue Hinsehen zum Tragen.
Konzentration auf das Wesentliche
Dabei sollte eine Skizze immer genügend „Augenreizfutter“ enthalten. Gemeint ist damit zum einen, einen Bildfokus zu schaffen, der den Betrachter ins Bild zieht und einen klaren Bildschwerpunkt schafft. Zum anderen liegt es im Wesen der Skizze, hier und da Bildelemente nur anzudeuten oder gar wegzulassen, sodass die Fantasie des Betrachters gefordert wird, diese zu ergänzen.
Zu wenig kann man eigentlich kaum zeichnen, aber sehr schnell ist in einem Bild viel zu viel erzählt, weil wir meinen, alles zeigen zu müssen, was wir sehen. Beim Skizzieren geht es um die Reduktion auf das für den Skizzierenden Wesentliche. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir uns dem Individuum Baum oder gleich einer ganzen Landschaftsszene widmen.
Freude statt Perfektionismus
Das Wichtigste beim Nature Sketching:
Der Spaß spielt die Hauptrolle, der Perfektionismus nicht mal eine Nebenrolle.
Wo es um das lockere Festhalten unserer Motive geht, ist das Streben nach dem absolut perfekten Ergebnis eher hinderlich, bremst es doch das Spontane, Ungezwungene.
Wenig Material, viele Möglichkeiten
Die Lust am Skizzieren lässt sich mit den unterschiedlichsten Materialien ausleben. Ob klassischer Bleistift, Kugelschreiber, wasserfeste Fineliner und wasserlösliche Stifte aller Art, Aquarell-Farbstifte und -Kreiden, Aquarellfarben oder Tusche und Rohrfeder … alles, was Spaß macht, ist erlaubt!
Vielen Dank an Hans-Christian Sanladerer für diesen Text zum Thema Nature Sketching!
Wer mehr über dieses inspirierende Thema erfahren möchte, dem sei das neue Buch von Hans-Christian Sanladerer, “Nature Sketching Step by Step. Schnelle Landschafts-Skizzen mit Stift und Watercolor” wärmstens empfohlen.
Hans-Christian Sanladerer
Nature Sketching
Step by Step
Schnelle Landschafts-Skizzen mit Stift und Watercolor
19,7 x 23,5 cm, 96 Seiten, ca. 90 Abbildungen, Softcover
ISBN: 9783862304448
19,99 €
Hans-Christian Sanladerer
Floral Sketching
Schnelle Blumenskizzen mit Stift und Watercolor
22,5 x 27,1 cm, 112 Seiten, ca. 200 Abbildungen, Hardcover
ISBN: 9783862304363
22,99 €
Lies auch:
Die Kraft der Zeichnung
Im Gespräch mit Hans-Christian Sanladerer
Urban Sketching
Im Gespräch mit Danny Hawk
Schön, die Natur so zu sehen.
Die Bilder sehen schön aus. Ich frage mich, ob ich das auch schaffen würde so zu malen. Eher nicht! 🙂
Hallo Matthias,
wenn du als erstes Endergebnis das “perfekte Bild” erwartest, dann brauchst. du gar nicht erst anfangen.
Aber mit der Einstellung, das durch Training du mit jedem Bild besser wirst.
Ein Tipp: vergleich dich nicht mit anderen, das zieht dich nur runter.