Aquarellfarben 1 – Ein Überblick

Aquarellmalerei ist eine der ältesten Techniken der Malerei überhaupt. Trotzdem ist diese alte Maltechnik ganz besonders zeitgemäß ist. In Zeiten des Urban Sketching und der Kolorierung von Zeichnungen sind die Aquarellfarben neu in den Fokus der Kunstschaffenden geraten.

Aquarellmalerei – zeitgemäße Technik mit Tiefgang 

Bei der Beschäftigung mit ihrer Historie stellt man überrascht fest, dass sich das Grundrezept zur Herstellung von Aquarellfarben seit Menschengedenken im Wesentlichen nicht geändert hat. Dennoch ist die Aquarellmalerei wie keine andere Maltechnik für unsere mobile Lebensweise  geeignet. Ohne große Vorbereitung lässt sich die Aquarellmalerei überall ausüben. Viel Material ist auch nicht erforderlich.
Allerdings: 
Ohne Übung und ohne Vorkenntnisse geht es nicht. Denn die Aquarellmalerei gelingt im künstlerischen Prozess erst dann frei und zügig, wenn man die Technik an sich beherrscht.

Woraus Aquarellfarben bestehen

Aquarellfarben bestehen im Kernbereich aus feingeriebenen Pigmenten und dem Bindemittel Gummi arabicum. 

Pigmente

Bei den feinen farbigen Pigmenten unterscheidet man zwischen natürlichen und synthetischen Pigmenten. Einige synthetische Pigmente ersetzen sehr teure oder schwer zu beschaffende natürliche Pigmente, bei anderen handelt es sich um neue Entwicklungen.

Natürliche Pigmente bestehen aus gemahlenen organischen oder anorganischen Substanzen. Sie sind die Farbkraft aus der Natur, die pulverisiert dauerhaft Farbigkeit in unser Leben bringen. Sie werden aus Oxyden und Erden gewonnen oder aus organischen Stoffen wie Pflanzen und Tieren. Ein ganz wesentliches Qualitätsmerkmal von Aquarellfarben ist ein hoher Pigmentanteil. Denn auch die kleinste Farbmenge und feinste Lasur soll ihre Leuchtkraft bewahren. Dies gelingt mit einer hohen Dichte besonders fein gemahlener Pigmente. Neben den sogenannten Studienqualitäten gibt es bei den Aquarellfarben auch Profiqualitäten. Bei der Zusammenstellung einer Erstausstattung sollte man sich im Künstlerfachhandel beraten lassen.

Farbpigmente Aquarellfarbe
Farbpigmente, der wesentliche Bestandteil von Aquarellfarben, sind auch separat erhältlich. Für sie gibt es viele Anwendungsmöglichkeiten, z. B. das Selbstanmischen von Farben. (Foto: ®Schmincke Künstlerfarben)

Bindemittel

Wie bei allen Farben benötigen die Pigmente ein spezielles Bindemittel, um auf dem Maluntergrund haften zu können. Gummi arabicum  ist ein Baumharz, das bereits die Chinesen für ihre Tuschemalerei verwendeten. Es wird seit jeher für die Herstellung von Aquarellfarben herangezogen. Bis heute gibt es nämlich für das aus dem Sudan stammende Gummi arabicum kein synthetisches Äquivalent. Als Bindemittel ist es lichtdurchlässig und es lässt sich nach dem Trocknen erneut mit Wasser anlösen. Es ist der Grund dafür, dass Aquarellfarben wasseranlösbar sind und es auch nach dem Trocknen bleiben. Wasserfarben eben.
Neben dem Bindemittel und Pigmenten begann man im 19. Jahrhundert in England zudem Honig und Glyzerin der Farbe hinzuzufügen. 

Aquarellfarben in Näpfchen
Ein Kasten mit Aquarellfarben in Näpfchen ist sehr praktisch für unterwegs. (Foto: ®Schmincke Künstlerfarben)

Napf, Tube und Aquarellkasten

Hochwertige Aquarellfarben werden im Handel sowohl als Näpfchen für den Aquarellkasten wie auch in kleinen Tuben angeboten. Ich selbst kenne einige Künstler, die in die Näpfchen ihres Aquarellkastens Tubenfarbe geben. Sie tun dies, weil sie einerseits die Tubenfarbe präferieren und sich dabei gleichzeitig nicht um die Vorteile des Aquarellkastens bringen möchten. Denn ein Aquarellkasten ermöglicht vor allem unterwegs ein unmittelbares und zügiges Arbeiten.
Ob man sich für den Napf oder für die Tube entscheidet, sollte im Zusammenhang mit der Arbeitsweise und dem bevorzugten Format stehen. Näpfchen haben beim zügigen Arbeiten den Vorteil, dass man die Farbe direkt aus dem Kasten heraus verwenden kann. Für ein schnelles Arbeiten unterwegs sind sie also ideal. Die Tubenfarben hingegen eignen sich auch für große Formate und farbintensives Arbeiten.

Mischen im Aquarellkasten
Aquarellfarben ermöglichen eine unendliche Anzahl von Farbtönen. Für das Mischen sind die ausklappbaren Mischpaletten in Aquarellkästen sehr hilfreichen. (Foto: ®Schmincke Künstlerfarben)

Erstes Farbsortiment

Kästen namhafter Hersteller bieten für den Erstkäufer eine Grundausstattung an. Diese Erstausstattung sollte man beim Nachkauf dann aber ergänzen und nach eigenen Vorlieben teilweise ersetzen. Kästen gibt es in ganz unterschiedlichen Größen mit bis zu 48 Näpfchen. Profis haben mir schon oft versichert, dass Kästen mit 12 Näpfchen in guter Qualität im Grunde ausreichen. Aber das hängt letztlich auch davon ab, wie gut man bereits das Mischen der Farben beherrscht. Und die Profis verwenden in der Regel auch Profiqualitäten, da diese eine höhere Pigmentdichte aufweisen.
In Kunst-Ratgebern wird immer wieder betont, dass man alle Farben mischen kann. Das stimmt soweit auch. Aber es gibt einige Farbtöne, die dabei trüber und weniger leuchtend geraten. Neben den Grund- und Basisfarben haben viele Künstler daher zum Beispiel auch einen schönen Türkiston und Königsblau im Sortiment.

Aquarellstifte
Mit Aquarellstiften kann man zeichnen wie mit gewöhnlichen Farbstiften. Mit einem Pinsel und Wasser kann man sie aber wie Aquarellfarben vermalen. (Foto: pixabay.com)

Flüssige Aquarellfarben und Aquarellstifte

Flüssige Aquarellfarben kenne ich vor allem aus dem illustrativen Bereich. Sie eigenen sich zum Kolorieren homogener Flächen. Die Farben sind gebrauchsfertig angemischt und bestehen in der Regel aus künstlichen Pigmenten. Ihre Leuchtkraft ist sehr hoch, allerdings gilt dies nicht unbedingt für ihre Lichtbeständigkeit.
Einige Künstler, die ich kenne, verwenden zum Skizzieren Aquarellstifte. Das hat den Vorteil, dass sich die Vorzeichnung während des Malprozesses wieder anlöst und verschwindet. Setzt man den Aquarellstift direkt auf feuchten Flächen ein, ermöglicht dies ein lineares Arbeiten mit „Weichzeichnereffekt“. Außerdem lässt sich mit den Aquarellstiften farbintensiv und dennoch harmonisch akzentuieren. Aquarellstifte sind in der Fläche dagegen der Napf- und Tubenfarbe deutlich unterlegen.

Leuchtende Farben und Lichtbeständigkeit

Viele Farbenhersteller kennzeichnen die Lichtbeständigkeit mit Sternchen. Je mehr Sterne abgebildet sind, desto höher ist die Lichtbeständigkeit.
Außerdem geben die Hersteller auf den Verpackungen auch Hinweise zur Lasureigenschaft bzw. Deckkraft der Farben. Hierbei reichen die Angaben von deckend über halbdeckend und halblasierend bis hin zu lasierend.
Auch die Verankerung der Farben auf dem Papier kennzeichnen einige Hersteller. Hierbei wird unterschieden, ob eine Farbe sich leicht wieder abtragen lässt, halb abwaschbar oder schwer wiederabzulösen ist.

Farbaufstriche Aquarellfarben
Um die eigene Farbpalette besser kennenzulernen, sind Aufstrichkarten, sogenannte Dot Cards, eine große Hilfe. (Foto: ®Schmincke Künstlerfarben)

Die wichtigsten Pinsel im Überblick

Ein guter Aquarellpinsel zeichnet sich dadurch aus, dass er die Flüssigkeit gut aufnimmt und auch genauso gut wieder abgibt. Außerdem kann man mit ihm überschüssige Farbe abtragen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Echthaar- und Kunsthaarpinseln sowie zwischen Rund- und Flachpinseln. Flachpinsel eignen sich gut für das Anlegen von Flächen, Rundpinsel verfügen über eine Spitze, können aber auch in der Breitseite für die Fläche eingesetzt werden. Daher sind die Rundpinsel in der Aquarellmalerei grundsätzlich vielseitiger einzusetzen.
Echthaarpinsel in guter Qualität verfügen gegenüber Synthetikpinseln über ein größeres Wasserreservoir. Dies steht im Zusammenhang mit dem Aufbau des Naturhaars und seiner natürlichen Schuppung. Sie hält die Flüssigkeit besser und gibt sie auch langsamer wieder ab. Da ich selbst schon in der Werkstatt eines namhaften deutschen Pinselherstellers gestanden habe, weiß ich, dass die Pinselherstellung eine echte Handwerkskunst ist. Und gute Pinsel ihren Preis Wert sind, weil man bei guter Pflege lange Freude am Malergebnis hat.

 

Pinsel in Becher
Rundpinsel in verschiedenen Stärken, aus Echt- und Kunsthaar, dazwischen einige kleine Synthetik-Flachpinsel. So werden Pinsel am besten aufbewahrt, wenn sie nicht in einer Pinselrolle sicher verwahrt sind: mit der Spitze nach oben! (Foto: pixabay.com)

Welche Pinsel braucht man wirklich?

Für den grundlegenden Lasurauftrag eignet sich ein Echthaarpinsel.

    • Für feine Linien und Details ein feiner Rotmarder-Rundpinsel.
    • Ein Borstenpinsel kommt dann zum Einsatz, wenn man einen trockenen Farbauftrag oder feine Spritzer ins Bild bringen möchte.
    • Der sogenannte Schrägschnittpinsel, ein Flachpinsel, wird für das Anlegen von Flächen als auch für das Ziehen feiner Linien herangezogen.
    • Und ein Synthetik-Flachpinsel ermöglicht ein großzügiges Anlegen von Flächen.
    • Für das Arbeiten unterwegs ist zudem ein Reisepinsel zum Zusammenstecken oder ein Wassertank-Pinsel praktisch.

Mit welchen Pinselstärken man gut klar kommt, muss man letztlich ausprobieren. Für den Anfang empfehlen Profis oft einen feinen Pinsel der Stärke 6 oder 7 und einen größeren Pinsel der Stärke 10 bis 14.

Viel entscheidender als die Größe ist die Qualität. So ist es wichtig, dass der Pinsel über eine gut gearbeitete Zwinge verfügt, die die Haare gut hält. Und auch die Pinselspitze sollte eine wirklich exakte Spitze aufweisen.
Im Handel gibt es etliche Spezialpinsel, aber zu Beginn reicht ein kleines Pinselsortiment völlig aus. 

Mehr über Pinsel

Was man sonst noch braucht

Der Bedarf an weiteren Hilfsmitteln ist bei der Aquarellmalerei überschaubar.

    • Ein stabiler Behälter für Wasser
    • ein kleiner Schwamm zum Abwaschen der Farbe
    • ein Tuch zum Abstreifen der Pinsel 

Eine Klammer zum Fixieren des Papiers gerade auch für unterwegs sowie Klebeband, ein Radiergummi und Rubbelkrepp sind ebenfalls hilfreich.
Für das Malen im Freien empfiehlt sich als Rüstzeug ein Rucksack, der im Sommer Sonnencreme und Sonnenhut und im Winter Halbhandschuhe beherbergen sollte. Die Mitnahme eines Schirms macht natürlich ganzjährig Sinn. Bleibt zum Schluss dann nur noch das Aqua für die Aquarellfarbe – Wasser in ausreichender Menge.

Alles eine Frage der Übung

Grundsätzlich gilt, dass die Leichtigkeit, die als so typisch für das Aquarell angesehen wird, vor allem eine Frage der Übung ist. Denn leicht ist die Technik schon deshalb nicht, weil sich Fehler nur schlecht korrigieren lassen. Vieles lässt sich auch nicht steuern. Darin liegt gleichzeitig aber auch eine enorme Dynamik. Der scheinbare Nachteil ermöglicht Werke von ganz besonderer Ausdruckskraft. Für den Künstler bedeutet die Technik ein ständiges Abwägen, was man beeinflussen sollte und was man besser dem Zufall überlässt.

Techniken und Papier? Im nächsten Beitrag!

Über die grundlegenden Techniken der Aquarellmalerei wie auch experimentelle Vorgehensweisen berichten wir dann aber im nächsten Beitrag. Und sprechen auch über das Malverhalten auf den unterschiedlichen Papieren. Einige wesentliche Tipps zum Mischen der Farben dürfen dann auch nicht fehlen.

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Eine Antwort auf „Aquarellfarben 1 – Ein Überblick“

  1. Für Basis super. Ich finde eine Einführung in Papier Gewicht, Oberflãche ist hilfreich, zB dass Acrylpapier sich nicht für Aquarell eignet u glatte Oberfläche für Beginner besser ist. Viel Freude beim Malen

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