Die Eindrücke, die Bernd Brach mit seiner Wachsmalerei schafft, sind von Dauer. Seit Mitte der 90er Jahre hat der Künstler dieses verletzliche und formbare Material für sich entdeckt. Mit dem Material Wachs gelingen ihm Werke, die sowohl abstrakt expressiv als auch figurativ eine ganz eigene künstlerische Ausdruckskraft in Verbindung mit atmosphärischer Dichte entwickeln.
„Der kreative Mensch
hat eine Gabe mitbekommen
und seine Aufgabe ist es,
diese zu pflegen
und in seiner Arbeit
der Gemeinschaft zurückzugeben.”
Atelieratmosphäre und perfekte Inszenierung
Wir stehen im Atelier des Künstlers Bernd Brach. Es liegt im Hinterhof eines eindrucksvollen Altbaus aus der Gründerzeit. Früher, so erklärt uns Bernd Brach, waren in diesen Werkstätten kleine Handwerksbetriebe untergebracht. Sein Künstleratelier hat Atmosphäre. Es ist ein Ort der Kreativität und der Authentizität. Und es dokumentiert ein Künstlerleben, das sich in Zeitungsausschnitten, alten Fotos und Zeichnungen an den Wänden des Atelierraums wiederspiegelt.
„Ich schreibe und skizziere im Grunde überall“, erklärt uns Bernd Brach. “Ausführend geht es nur im Atelier, wo alles Nötige um mich herum versammelt ist.“ So ist die perfekte Inszenierung, die Atelier-Atmosphäre für den sensiblen Künstler eine unbedingte Notwendigkeit. Der vertraute Raum, die Arbeiten zum prüfenden Rückgriff, seine Jazz- und Blues-Musik – all dies sind unbedingte Komponenten für die künstlerische Produktion.
„Keine Besuche, kein Telefon, kein Radio –
die Welt bleibt draußen,
hab sie ja in mir gespeichert.”
Klassische Ausbildung und Weiterentwicklung
Die Stationen Bernd Brachs begannen in den 70er Jahren mit der Schriftsetzerlehre und setzten sich mit dem Studium zum Illustrator an FHS Wiesbaden fort. Bernd Brachs Ausbildung an der Werkkunstschule war nach dem Gedanken des Bauhaus organisiert, also Künstler als Lehrer. Zu dieser Ausbildung gehörten Fächer wie Akt, Porträt- und Naturzeichnen ebenso wie die verschiedenen Drucktechniken: Holzschnitt, Radierung, Lithografie und Siebdruck.
Dass die Zeichnung bis heute ein zentrales Ausdrucksmittel Bernd Brachs ist, davon geben die Wände des Ateliers ebenfalls Kenntnis. Bernd Brachs figürliche Zeichnungen sind eindrucksvoll. Lange habe er ausschließlich gezeichnet und Siebdruck gemacht. Dann fand er zur Acrylfarbe und mit Mitte der 90er Jahre stieß Bernd Brach dann auf das Material Wachs. Zuerst noch in Kombination mit der Acrylfarbe, löste dieses Material dann nach und nach ganz seine konventionelle Leinwandmalerei ab.
Oberflächenstrukturen mit Anziehungskraft
Die Haptik des Materials, die Sinnlichkeit des formbaren Werkstoffs habe es ihm angetan, so erklärt uns der Künstler. Es ist tatsächlich eine ganz eigene Faszination, die von der Oberflächenstruktur seiner Werke ausgeht. Als Betrachter dieser Werke möchte man diese Struktur haptisch erfahren. Man möchte den Malgrund berühren und nicht nur optisch wahrnehmen. Wobei die Arbeit mit Pigmenten zu eindrucksvollen und farbintensiven Werken führt. Nach stark farbigen Phasen ist der Künstler zurzeit allerdings zu erdfarbenen Tönen zurückgekehrt.
„Wachs als Malmaterial (hier Paraffin mit Pigment) erfordert eine dem Material adäquate Technik, die sowohl abstrakt-expressiv als auch figurativ ganz eigene Möglichkeiten bietet. Mein Malgrund ist ein bis zu 4 cm starker Wabenkarton, ein Industriematerial, das stabil die bis zu 4 mm starke Malschicht trägt.”
Haptische Erfahrung
Durch Verletzung, Bohrung etc. können der Oberfläche in Form einer Collage Fremdmaterialien zugeführt werden. Bernd Brach arbeitet bei seiner Wachsmalerei mit Glasbruchstücken, Seilen und Objekten als Collagematerial.
Gemalt und mit Holzstiften geritzt, wird das unterschiedlich erhitzte Wachs mit groben Borstenpinseln in mehreren Schichten auf den liegenden Malgrund aufgetragen. Dann trägt Bernd Brach es mit einer Klinge teilweise wieder ab. Auch dies ein malender Vorgang.
„Meine Arbeiten haben, dem Material Wachs entsprechend, einen sinnlichen Vortrag, sind haptisch erfahrbar, unabhängig von etwa einem erotischen Motiv.” Bernd Brachs vermehrte Beschäftigung mit Aktzeichnen hat zudem zu figurativen Arbeiten geführt.
Wachsmalerei – wiederentdeckt und weiterentwickelt
Vom Wachs als Malmaterial, davon spricht Bernd Brach mit wahrer Begeisterung. Von der Transparenz und Luzidität schwärmt er. Für seine Collage-Arbeiten seien die plastische Geschmeidigkeit und Anpassungsfähigkeit zudem geradezu ideal. Und er beschreibt eindrucksvoll die Wärme, Haptik und Körperlichkeit dieses Material.
Wachs als künstlerisches Material kann auf eine jahrtausendealte Geschichte zurückblicken. Tatsächlich kommen wir im Gespräch auf die ägyptischen Mumienporträts zu sprechen. Diese Porträts in Frontalansicht wurden in der Zeit vom 1. – 3. Jahrhundert überwiegend auf Holztafeln gemalt und der Mumienumhüllung beigegeben. Gemalt wurden die Mumienporträts häufig mit Wachs als Encaustic-Bilder. Auf den heutigen Betrachter wirken diese Wachsbildnisse geradezu erschütternd lebensecht.
Immer neue Ausdrucksformen
Bernd Brach findet in seiner Wachsmalerei zu ganz neuen Ausdrucksformen. Er überzieht den Bildkörper mit einer schützenden Wachshaut, die die Farbe körperlich in sich birgt. Dem erwärmten Wachs fügt er die Farbpigmente direkt bei. Der Künstler erarbeitet Schichtungen und baut Volumen auf, um es hernach wieder abzutragen und teilweise schroff zu durchbrechen. Die Glasintarsien und linearen Bildelemente in seinen Werken ziehen dabei den Blick des Betrachters ebenso auf sich wie die Farbintensität
Die Weltanschauung Bernd Brachs ist eine sinnliche; im Material Wachs findet er das ihm adäquate Material für eine authentische Bildsprache.
Seit einigen Jahren bringt Bernd Brach sein Wissen, seine Erfahrungen und Kontakte gern als Kurator ein. Auch ist seine Fähigkeit, über Kunst zu sprechen, als Einführungs-Redner bekannt geworden und so wird er als solcher immer wieder angefragt.
Alle Atelier-Fotos in diesem Beitrag: Inga Steeg
Danke Inga!
Bernd Brach
Atelier Bernd Brach
Niederwaldstr. 8
65187 Wiesbaden
info@bernd-brach.de
Auf seiner Website finden sich auch Filme über Ausstellungen, Skizzenbücher.
Alle diese wurden gemacht von Harald Schmid.
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