„Die Farbe hat mich.
Ich brauche nach ihr nur zu haschen.
Sie hat mich für immer.
Das ist der glücklichen Stunde Sinn:
Ich und die Farbe sind eins.
Ich bin Maler.”
Paul Klee
Wir leben in einer Welt von Farben. Wir sehen Farben, wir empfinden Farben, und Farben wirken sich auch auf unser Wohlbefinden und auf unsere Stimmungslage aus.
Wie stark wir von unserer Umgebung abhängen, wird mir jedes Jahr aufs Neue im Frühling bewusst: Irgendwann gibt es kein Halten mehr. Farben im Frühling, das bedeutet für mich persönlich nämlich vor allem eines: raus in die Natur, tief durchatmen und die nächste Gärtnerei anfahren. Und ein Schwelgen in Farbtönen, sanften Texturen und zartesten Nuancen.
Raus in die Natur
Ich verliebe mich dann jedes Frühjahr neu in die Farben des Frühlings, in zarte Pastelltöne, in reines Weiß und in frisches Grün. Blumen, das steht für mich in erster Linie für eine Welt der Farben, die ich mir in meine unmittelbare Umgebung holen kann. Und die ich nach einem langen Winter einfach auch brauche. Ich bin kein Maler – daher forme ich die Farben mit Blüten und Pflanzen zu einem Freilicht-Gesamtkunstwerk. Und schaffe auf der Terrasse Ausblicke mit atmosphärischer Dichte und aufeinander abgestimmten Farbschattierungen.
Und so wie mir geht es vielen Menschen. Erst gestern fiel mein Blick in der Wiesbadener Innenstadt auf eine begrünte Dachterrasse – auf die ich persönlich auch noch einen Bienenstock stellen würde. In Zeiten des Urban Gardening gibt es zudem kaum noch einen Lebensbereich, in dem Pflanzen mit ihrer natürlichen Sinnlichkeit nicht Einzug gehalten hätten.
“Gefühlswert” der Farben
Für jeden Menschen hat eine bestimmte Farbe einen anderen „Gefühlswert“. Dabei finde ich das Wesen einer Farbe bei allen bekannten Farbtheorien nur schwer zu definieren, denn jeder Mensch wird hier eine andere Botschaft empfangen und wahrnehmen. Für Künstler stellen Farben und die Natur selbst schon immer eine Quelle der Inspiration dar. Vincent van Gogh schrieb beispielsweise in einem Brief an seinen Bruder:
„ … was sind doch Ton und Farbe für großartige Sachen! Und wer nie lernt, Gefühl dafür zu haben, wie fern bleibt der dem Leben.”
Vincent van Gogh
Farbtheorie für die Kunst
Für Paul Cézanne war die Farbe sogar „der Ort, wo unser Gehirn und das Weltall sich begegnen“ – kann man es schöner aussprechen?! Natürlich gibt es viele Farbtheorien, angefangen bei Isaac Newton (1643 – 1727), der als Erster einen Lichtstrahl durch ein Prisma lenkte und so Spektralfarben erhielt. Die von ihm in einen Kreis geordneten Spektralfarben bilden das Fundament für den modernen Farbkreis. Für den Künstler ist das Basiswissen über die Farbtheorien und über die fachgerechte Handhabung einzelner Farbqualitäten unerlässlich.
Der Betrachter darf sich indes ganz der emotionalen Wirkung und dem Sinnhaft-Körperlichen der Farben hingeben. Schon Johann Wolfgang von Goethe befand:
„Ich habe nichts dagegen, wenn man die Farbe sogar zu fühlen glaubt: Ihr eigenes Eigenschaftliche würde nur dadurch noch mehr bestätigt.”
Johann Wolfgang von Goethe
Blauer Frühling
Mein persönliches Lieblingszitat zu einer Farbe stammt im Übrigen weder von einem Maler noch von einem Farbtheoretiker. Es stammt von der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann aus Malina:
„Mein Blau, mein herrliches Blau,
in dem die Pfauen spazieren,
und mein Blau der Fernen,
mein blauer Zufall am Horizont.”Ingeborg Bachmann
Ach, mein blauer Frühling, mal ganz ohne Rilke, aber immer noch mit der Symbolfarbe des seelischen Erlebens ein Sinnbild für alles Romantische. In diesem Sinne wünsche ich all unseren Lesern eine beschwingte, blaue Frühlingszeit.
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