Die künstlerische Position der in Berlin lebenden Künstlerin Ursula Heermann-Jensen ist klar umrissen, wenn sie sagt: „In meiner künstlerischen Arbeit suche ich danach, den Dingen und Phänomenen, die mich umgeben, auf den Grund zu gehen. Ich orientiere mich in der Darstellung nicht an den Oberflächen und dem primär Sichtbaren, sondern an den Wirkungen, die hinter der Oberfläche verborgen sind und die ich nach vorne treten lasse. Für mich sind dies vor allem Komplexität und Verdichtung im Kontrast mit Transparenz und filigraner Struktur.“
Nicht also das oberflächlich Sichtbare reizt Ursula Heermann-Jensen an einem Motiv, sondern das, was sie hinter dieser sichtbaren Welt wahrnimmt und erspürt. Dieser besonderen Form der Wahrnehmung entspringen eindrucksvolle Werke, in denen Licht und die Kraft der Farben eine ganz besondere Rolle spielen.
Farbräume von großer Intensität
Die gebürtige Stuttgarterin lebt und arbeitet seit 2008 in Berlin. Ihr lichtdurchflutetes Atelier befindet sich in Europas größtem denkmalgeschützten Industriegelände an der Spree in Oberschöneweide, dort im Atelierhaus79.
Die thematischen Schwerpunkte der Künstlerin sind nach eigenen Worten „Licht und Schatten”. In Werken wie „Sommer“ aus der Serie „Shadows“ scheint tatsächlich das flirrende Licht dieser Jahreszeit in leuchtenden Farben eingefangen zu sein.
Dieses Spiel der Farben und die raffinierte Führung des Lichts sind der altmeisterlichen Lasurtechnik geschuldet, die Ursula Heermann-Jensen jedoch nicht mit Öl- sondern mit Acrylfarben anwendet. Denn wie die Alten Meister bringt sie zarte Lasuren in der klassischen Schichtenmalerei auf die jeweiligen Bildträger.
Alle verwendeten Farben stellt die Künstlerin aus hochwertigen Pigmenten und Malmitteln selbst her. Die Farben werden dann sehr dünnflüssig in weit mehr als hundert Lasurschichten – wie Mehrfachbelichtungen – mit dem Pinsel auf die Bildträger (Papier, Leinwand, Holz, Aluminium) aufgetragen.
Malen nur mit Grundfarben
Da die Künstlerin dabei ausschließlich auf die Grundfarben Rot, Gelb und Blau zurückgreift und diese lediglich in Einzelfällen mit Weiß ergänzt, entstehen auf diese Weise Farbräume von großer Intensität und Leuchtkraft. Diese Farbräume bleiben dabei aufgrund der angewandten Lasurtechnik bei aller Intensität transparent. Wie wichtig Ursula Heermann-Jensen das Thema Farbe ist, wird auch in weiteren Statements der Künstlerin deutlich.
„Die Themen meiner Bilder entwickeln und entfalten sich zusammen mit ihrer Farbigkeit. Die Sujets sind auch Aspekte und Manifestationen der Grundfarben in Dingen, Phänomenen und Abstraktionen; Farbigkeit und Thema stehen miteinander in einem spannungsreichen Dialog.“
Acrylserien in Lasurtechnik
Ihre Serien sind daher häufig bestimmten Farbtönen gewidmet. Die Intensität der Farben ist dabei das erste, was der Betrachter ihrer Werke wahrnimmt – das Geflecht von Formen und die Tiefen in der Darstellung eröffnen sich erst dem intensiver Schauenden.
In der Serie „Unterwegs“ hat Ursula Heermann-Jensen die Thematik von Flucht, Vertreibung und Heimatlosigkeit aufgegriffen. Sie möchte mit ihrer künstlerischen Arbeit wie viele andere Menschen auch Stellung beziehen. Als zentrales Ausdrucksmittel hat sie hierbei einen Holzschnitt gewählt, den sie nach einer Fotografie ihres Elternhauses gefertigt und dann umgekehrt als Druckstock verwendet hat. Was also einmal der Giebel eines schützenden Daches gewesen ist, verwandelt sich so in den ins Wasser ragenden Teil eines Schiffes.
Intensive Auseinandersetzung mit der Natur
In der Serie „Quitte – Rosengewächs“ wendet sich die Künstlerin wieder der Naturbetrachtung zu, möchte aber auch hier nicht einfach abbilden, sondern in den Arbeiten den Prozess der Blüte, Reife und des Vergehens zum Ausdruck bringen. Die besondere Herangehensweise der Künstlerin kommt auch bei diesen Arbeiten zum Tragen. Ausgangspunkt ist die intensive Auseinandersetzung mit Frucht und Baum. Deren verinnerlichte Form und Gestalt gelangt in weiteren Mal- und Zeichenprozessen als „ Essenz des Gegenstandes“ zur Darstellung. Die zur Anwendung kommende Technik ist Mischtechnik mit Acryllasur, Tusche und Liner. Die Künstlerin hat hier die Zeichnung als „Blindzeichnungen“ angefertigt und so ihre Reflektion der eigentlichen Substanz des Motivs ins Bild gebracht.
Thema der Serie „Networking“ schließlich ist die Dualität, die allen Netzwerken eigen ist, seien es ein Spinnennetz oder eine menschliche virtuelle Gemeinschaft. Für Ursula Heermann-Jensen sind dies Farbstärke und –dichte auf der einen und Fragilität und Transparenz auf der anderen Seite.
Farbe und Sujet als Einheit
Allen Serien ist gemeinsam, dass Farbe und Sujet eine untrennbare Einheit miteinander eingehen und sich gegenseitig beeinflussen. Ganz so, wie Ursula Heermann-Jensen es eingangs formuliert hat, entfalten sich die Themen ihrer Bilder zusammen mit deren Farbigkeit.
Auf die Frage, was ihr Kunst generell bedeutet, antwortet Ursula Heermann- Jensen abschließend : „Kunst hat für mich eine inhaltliche, handwerkliche und ästhetische Dimension. Inhaltlich beschäftigt mich die Vielschichtigkeit dessen, was ist. Handwerklich unterstützen die von mir verwendeten Techniken die inhaltliche Aussage. Ästhetisch darf Schönheit sein, ohne dass diese reine Oberfläche ist“.
Ursula Heermann-Jensen
Bildende Künstlerin
Pariser Str. 19
10707 Berlin
Telefon: 030/88727589
Mobil: 0172/7424210
Atelierhaus79 Wilhelminenhofstraße 83-85, Gebäude 79, Atelier Nr. 3,
12459 Berlin-Oberschöneweide
Lies auch:
Leidenschaft mit lockerem Strich
Zeichner und Sketcher Gris im Gespräch
Buchtipp Bauhausfrauen
Informativ und äußerst aktuell!
Buchempfehlung: Abandoned Places
Die Faszination verlassener Orte
Kunst als Spannungsfeld
Renate Linnemeier im Gespräch
Sehr interessante und faszinierende Technik, die zu wunderbaren Farbspielen führt.
Ich bin sehr beeindruckt von der starken Ausdruckskraft bei gleichzeitiger zarter und gefühlvoller Komposition der Elemente in den Bildern. Mir gefallen die starken Farben und die Harmonie im Ausdruck – schlicht: ich bin begeistert.
Vielen Dank für diesen schönen Kommentar! Wir leiten ihn gern an die Künstlerin weiter!
Liebe Ursula,
mich fasziniert deine Technik und besonders finde ich deine Arbeit “Ohne Netz und doppelten Boden”. Die vielen Knotenpunkte, die Entscheidungswege zu sein scheinen, geben ein Netz von Möglichkeiten preis, die ein einzelner Mensch kaum bewältigen kann.
Einen schönen Tag auch an die Betreiberinnen des Blogs,
Susanne
Wunderschöne Maltechnik – ich liebe die Farben!