Angelika Biber ist bekannt für ihre atmosphärischen, häufig abstrahierten Acrylbilder. Hier erklärt sie, wie sie in ihren Bildern Farben und Gestaltung in Einklang bringt, um ein stimmungsvolles Ganzes zu erschaffen.
Licht, Farben und eigene Stimmung
Die Atmosphäre eines Bildes hängt sehr stark vom Licht im Bild ab und das Licht ist abhängig von den verwendeten Farben. Aber auch die eigene gegenwärtige Stimmung spielt meist eine große Rolle. Oft wählen wir Farben, die uns angenehm sind. Darüber transportieren wir dann, vielleicht sogar auch unbewusst, unsere eigene Stimmung.
Manchmal verwenden wir beim Malen auch bestimmte Farbtöne, weil wir dazu besondere Assoziationen oder Erinnerungen haben oder weil sie uns im Augenblick einfach guttun. So lassen uns blaue Flächen eher in Ruhe, weil sie zurückhaltend in die Ferne gehen. Bei orange-roten Bildern wird der Raum gefühlt ein paar Grad wärmer.
Farbkombinationen und Kontraste
Mit speziellen, eigenen Farbkombinationen können wir sehr einfach unseren persönlichen Stil ausdrücken, denn die Farbigkeit ist das erste, das auf uns wirkt, wenn wir ein Bild betrachten.
Aber auch die Art, wie Farben kombiniert und nebeneinander gesetzt werden, beeinflusst die Stimmung im Bild. Sind die Farbflächen eher hart voneinander abgegrenzt oder nebelig weich verzogen? Sind die Farben stark deckend oder eher transparent? Und wie stark sind die Kontraste? Gering, wie im Nebel? Oder stark, wie im gleißenden Sonnenlicht mit starken Schatten?
Momentan experimentiert Angelika Biber mit neuen Beleuchtungssituationen in ihren Bildern, um interessante Stimmungen darzustellen. Normalerweise arbeitet sie eher farbintensiv. Dennoch wagt sie hin und wieder ein Experiment und malt mit ihr eigentlich fremden Farben. Doch dazu später mehr.
In diesem Bild mit einer Bitumen-Schüttung wurden naturalistische, für ein Meeresbild klassische Farbtöne verwendet, die einen eher kühlen Farbklang haben. Das Bild wirkt frisch und so, wie man es sich bei klarem Wetter am Meer vorstellt. Spannung geben die Hell-Dunkel-Kontraste, aber ansonsten ist die Gestaltung unspektakulär.
Fokus im Bild
Etwas anders zeigt sich die Stimmung in diesem Beispiel. Auch hier sind die Farben nicht expressiv verfremdet. Durch die Verwendung trüber und reiner Farben ist die Atmosphäre aber etwas differenzierter. Der Himmel ist in trübem Blau-Grau gearbeitet und wirkt nebelig und diffus. Der Vordergrund ist intensiver farbig und tritt deswegen mehr hervor. Der besondere Fokus liegt aber auf dem Horizont, dem durch die Verwendung von fluoreszierenden Gelb-, Orange- und Pinktöne besondere Aufmerksamkeit gegeben wird. Die gelben Akzente wirken zudem wie von der Sonne angestrahlt. So könnte es an einem heißen, diesig-schwülen Tag aussehen, wenn sich die Sonnenstrahlen an wenigen Stellen durch die Wolkendecke schieben.
Um eine Abendstimmung zu schaffen und gleichzeitig den Fokus auf den Himmel zu legen, habe ich in diesem Bild zu wärmeren und dennoch leuchtenden Farben gegriffen, die ich auf der Himmelsfläche in vielen Schichten wolkig verzogen habe. Durch den Rosa-Gelb-Anteil strahlen die Wolken sehr intensiv und diese besondere Stimmung spiegelt sich in den Farben des Horizontes wieder.
Experimentieren!
Hier wagt Angelika Biber ein Experiment mit teilweise unbunten Farben. Dazu sagt sie: „Habt Ihr gedacht dieses Bild sei nicht von mir? Mir ging es auf jeden Fall so, als ich es gemalt habe 😉 Die Farben sind nicht gerade typisch für mich, aber ich wollte Euch dennoch demonstrieren, wie die Wirkung einer solchen Farbgebung ist. Es kostete mich ein bisschen Überwindung, ich geb’s zu.“
Trotz der Abweichung von ihrem Farbschema konnte sie es sich nicht verkneifen, einen starken Kontrast zwischen dem hellen, frischen Hellblau und den trüben Grau-Beige-Tönen einzubauen. Dieser Kontrast soll dem Bild wenigstens etwas Spannung und Leben einhauchen. Noch diffuser und nebeliger hätte das Bild ohne die paynesgrauen Akzente am Horizont gewirkt. So kann man sich einen winterlich trüben Tag an der See vorstellen.
Angelika Bibers Favorit ist dieses Bild mit einer spektakulären Stimmung. „Von der Farbgebung entspricht es mir total und ich liebe diese Stimmung und Strahlkraft, die von innen zu leuchten scheint.“ Die warmen Farbtöne sind mal reiner, mal gebrochen und werden gesteigert mit kühlem Gelb. Die Leuchtkraft hat sie durch dünn lasierte Schichten mit Neon-Pink und Neon-Orange erreicht. Einen weiteren Kontrast und damit Fokus bildet die dunkle Fläche mit umbrafarbener Tusche am Horizont. So stellt sie sich eine sonnendurchflutete Landschaft im Süden vor.
Bewusst unterschiedliche Stimmungen malen
Wie wäre es, einmal bewusst mit unterschiedlichen Stimmungen im Bild zu arbeiten? Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- die hellen und die dunklen Stellen im Bild verstärken: So geht der Kontrast stärker auseinander und es wirkt wie Lichtreflexionen neben Schattenflächen.
- die hellen Stellen wärmer, die dunklen kühler gestalten: Wenn die hellen Stellen zum Teil mit verschiedenen gelbanteiligen bzw. warmen Farben und die Schattentöne nicht schwarz oder grau, sondern mit Violett bzw. in kühleren Farben gesetzt werden, steigert das die Stimmung. Außerdem entsteht so eine Verstärkung des Komplimentärkontrasts (Gelb – Violett).
- die Farben verfremden: Es kann sehr interessant sein, sich von der naturalistischen Abbildung lösen und mit den Farbklängen zu experimentieren, egal ob man gegenständlich oder abstrakt arbeitet. Häufig werden die Bilder dadurch lebendiger und erhalten mehr Ausdruck.
Viel Freude bei allen Experimenten. Lass Farbe fließen!
Danke Angelika!
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog von Angelika Biber aufwww.atelier-farbraeume.de. Mit ihrer freundlichen Erlaubnis haben wir ihn hier leicht verändert noch einmal gepostet.
Angelika Biber
- freischaffende Künstlerin und Dozentin in ihrem Atelier ART FACTORY in Köln-Dünnwald
- kunstpädagogische Projektmitarbeiterin bei verschiedenen Bildungsträgern
- Autorin mehrerer Bücher zur experimentellen Malerei
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Im Gespräch mit Angelika Biber