Der Künstler Hans-Christian Sanladerer hat es gern etwas lockerer – auch beim Zeichnen. Er skizziert für sein Leben gerne und er liebt Pflanzen. Zu jeder Jahreszeit und ganz gleich ob saisonal, regional oder exotisch: Hans-Christian Sanladerer hält die faszinierende Natur im Skizzenbuch fest. Und in Krisenzeiten sucht er die Nähe zur Natur besonders. Das ist gerade jetzt ein Thema, das uns alle betrifft. In Zeiten von Corona lässt uns die umgebende Natur mehr denn je aufatmen.
Leichtigkeit und Freude in der botanischen Skizze
Ein Grund mehr, zum gerade erschienenen Buch „Floral Skeching – Schnelle Blumenskizzen mit Stift und Watercolor“ zu greifen. Hans-Christian Sanladerers Buch ist erst im Oktober erschienen und lädt zu einem botanischen Spaziergang der besonderen Art ein. Die Zeichen-Leidenschaft des Autors und seine eigene Faszination begegnen einem dabei auf jeder Seite.
„Schluss mit realistisch und detailverliebt gemalten Blumenbouquets“. Locker vom Hocker und „aus dem Handgelenk“ heraus – so lautet die Devise des Autors.

Know-How als Anregung für den eigenen Weg
Hans Christian Sanladerer geht es dabei keineswegs um das Aufzeigen eines einzig richtigen Wegs. Vielmehr möchte er seine Leser dazu anregen, ihren eigenen Weg zu finden. Jenseits von Perfektionismus.
„Immer gut aufpassen, dass bei der vielen Arbeit das Vergnügen nicht zu kurz kommt“.
Vergnügen bereitet dabei bereits die Lektüre. Ein Blick auf das Inhaltsverzeichnis verrät, dass vom eher traditionellen Rosenstraußmotiv über Frühjahrsblüher bis hin zu der exotischen Magnolie und der regionalen Lampionblume alles vertreten ist, was den Pflanzenliebhaber erfreut.

Neue Sichtweisen auf ein altbekanntes Sujet
Es ist spannend zu sehen, wie der Künstler etwa Hyazinthen im Topf so umzusetzen weiß, dass ihre lebendige Frische und gleichzeitig auch ihre vergängliche Blütenpracht in einem Bild gleichzeitig festgehalten sind. Seine mit dem Aquarellmarker angelegten Magnolien schweben federleicht und doch leuchtend-farbintensiv auf dem Aquarellpapier. Und seine „Amaryllis in Blau“ überrascht nur mit dem Kugelschreiber skizziert und bietet eine gänzlich neue Sichtweise.

Die Fülle der Möglichkeiten
Überhaupt setzt der Künstler bei der Wahl seiner Materialien auf eine enorme Bandbreite. Vom Bleistift, Kugelschreiber und wasserfestem Fineliner über Aquarellkreiden und Aquarellmarker bis bin zu Bambusfeder, Wassertankpinsel und wasservermalbaren Wachspastellen – Hans-Christian Sanladerer zeichnet mit allem, was ihm unter die Finger kommt. Und was ihm passend für die Wiedergabe seines Wunschmotivs erscheint. Mittlerweile denkt er nach eigener Aussage bereits beim Kauf von Pflanzen daran, mit welchem Material sich diese wohl am besten skizzieren ließen.

Zeichnen nach der vergänglichen Realität
Als leidenschaftlicher Urban Sketcher skizziert der Künstler am liebsten vor Ort, im „echten Leben“. Auch, um sich später an den Entstehungsprozess und -ort, z. B. den Botanischen Garten, erinnern zu lassen. „Wie bei einer Zeitreise wirst du gedanklich an den jeweiligen Ort zurückversetzt“, führt er als sein wesentliches Argument an. Dann meint Hans-Christian Sanladerer sogar, den Duft der Blüten wieder in der Nase zu haben.
Diese Intensität der Erinnerung vermag seiner Auffassung nach nur die Skizze zu erzeugen. Zudem reduziert das Foto die Realität bereits von drei auf zwei Dimensionen. Als Künstler ist man daher beim Foto gezwungen, den Blickwinkel des Fotografen zu übernehmen. Auch wenn es in Ordnung ist, mit Fotovorlagen zu arbeiten, sind die Argumente für eine greifbare Blüte in all ihrer Vergänglichkeit nachvollziehbar.


Der schnelle, spontane Wurf auf den dritten Blick
Hans -Christian Sanladerer rät gerade beim spontanen Zeichnen und der „schnellen Skizze“ dazu, sich im Vorfeld genügend Zeit für das genaue Beobachten zu nehmen. Genau hinschauen trägt wesentlich zum Gelingen einer floralen Skizze bei. Und mindestens genauso wichtig ist es, rechtzeitig aufzuhören!
„Denn man kann selten zu wenig,
aber sehr schnell zu viel erzählen.“
Letzteres tritt schnell ein, wenn man den Details zu viel Bedeutung und zu viel Zeichenraum schenkt. Für den Künstler liegt daher die Kunst in der Reduktion. Er beschreibt dies als einen ständigen Prozess und verweist auf einen altbewährten Trick:
„Betrachte dein Motiv mit leicht zusammengekniffenen Augen und stelle diese auf „unscharf“. So nimmst du keine Details mehr wahr und siehst nur das große Ganze.“

Wichtig ist der eigene „Bauchgefühl-Moment“. Der zeigt einem selbst oftmals unbewusst den richtigen Moment zum Aufhören. Dann heißt es ganz schnell das Datum als endgültigen Schlusspunkt auf die Skizze zu setzen. Auf diese Weise schließt man den Entstehungsprozess auch mental ab. Das Setzen des Datums sorgt außerdem gleichzeitig für die nötige Chronologie im eigenen Skizzenbuch.
Zu letztem möchte man nach Abschluss der Lektüre eigentlich auch sofort greifen. Ich zumindest werde dieses Buch dieses Jahr zu Weihnachten gleich zweimal verschenken – weil es sowohl für Zeichner als auch für Pflanzenliebhaber einfach ein wahrer Augenschmaus ist.
Floral Sketching
Schnelle Blumenskizzen mit Stift und Watercolor
Hans-Christian Sanladerer
22,5 x 27,1 cm, 112 Seiten, ca. 200 Abbildungen, Hardcover
Christophorus Verlag
ISBN: 9783862304363
19,99€
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