Die Künstlerin Renate Linnemeier liebt es, mit Materialien und Themen zu experimentieren. Dabei lässt sie sich von den verschiedensten Werkstoffen inspirieren – ihr Atelier ist eine Fundgrube an Material für neue und ungewöhnliche Werke.
Eines ihrer bevorzugten Themen ist der Mensch. Ihre Porträts setzt sie realistisch oder auch grafisch mit lockerem Strich und „fremden“ Farben um, auch gerne in Verbindung mit Collagematerial. Nicht die genaue Darstellung steht im Vordergrund, sondern der eigene künstlerische Ausdruck ist wichtig.
Mixed Media: Grafik und Collage
Spannend ist hier das Zusammenspiel von grafischen Linien, Collage und Nass-in-Nass Technik wie im Aquarell.
Wer sich nicht sofort an ein frei gemaltes Gesicht traut, kann eine Vorzeichnung mit einem dünnen Pastell- oder Aquarellstift machen. Auch Vorübungen auf einfachem Zeichenpapier geben genügend Sicherheit, ganz frei auf dem Aquarellpapier zu malen.
Du brauchst:
- Leinwand im Hochformat, 60 x 40 cm
- Gesso in Weiß für eine Vorgrundierung
- Acryltuschen in Neutralgrau, Indigo, Cyan, Magenta, Echtgelb und Siena
- Acrylfarbe in Hellgrau für den Hintergrund
- Pastellstift in hellem Farbton
- Bambusfeder
- Flachpinsel in verschiedenen Größen
- Acrylbinder
- Tortenspitze aus Papier
- Schere
- Sprühflasche mit Wasser
So geht es:
1 Zunächst den Untergrund mit weißem Gesso grundieren. Den Auftrag trocknen lassen.
Auch wenn die Leinwand bereits vorgrundiert ist, verläuft die flüssige Acrylfarbe besser auf einem selbst grundierten Untergrund.
2 Nun eine leichte Vorzeichnung des Gesichts anlegen, am besten mit einem hellen Pastellstift.
Die Tortenspitze in schmale Stücke reißen oder auch schneiden und probeweise auf der Leinwand drapieren.
3 Jetzt die Schnipsel der Tortenspitze mit Acrylbinder aufkleben. Die Schnipsel sollten unbedingt überlappend und in mehreren Schichten angebracht werden.
Das Ganze gut durchtrocknen lassen.
4 Mit der Bambusfeder und der Acryltusche in Indigo das Gesicht anlegen. Dabei zuerst die Gesichtsform, dann Auge, Nase und Mund skizzieren.
Solange die Farbe noch feucht ist, mit dem Pinsel und klarem Wasser die Farbe auflösen und erste Schatten anlegen. Die Farbe in den Kopfschmuck aus Spitze laufen lassen.
Weitere Anleitungen von Renate Linnemeier:
5 Nun die aufgeklebte Tortenspitzen mit der Sprühflasche mit Wasser anfeuchten. Sofort danach die Farben direkt aus der Pipette auftragen. Mit dem Pinsel und der Sprühflasche kann man die Farbe fließen lassen und lenken. Falls es zu bunt wird oder die Farbe zu sehr auf den Hintergrund läuft, kann man die Farbe auch wieder abnehmen.
Auch das Gesicht erhält Farbakzente, besonders in den Schattenbereichen. Schwungvoll wird mit der Pipette ein Ausschnitt angedeutet, hierbei verwendest du eine warme Kontrastfarbe wie Siena.
Achtung:
Acryltusche ist nach dem Trocknen nicht mehr wasserlöslich. Daher müssen Korrekturen mit weißer Acrylfarbe oder Acryltusche vorgenommen werden.
6 Nun kommt das fine tuning: Kühle Farben sollen das Bild dominieren, es soll farbig, aber nicht bunt sein. Die warmen Farben Magenta und Siena setzten Akzente im Gesicht wie auch in der Kopfbedeckung. Zuviel Farbe kann noch abgenommen werden.
Durch den Acrylbinder bildet sich eine Schicht auf der Tortenspitze und Korrekturen können einfacher ausgeführt werden, da die Farbe nicht aufgesaugt wird.
7 Mit der Bambusfeder den Ausdruck der Augen und des Mundes verdeutlichen. Ich wollte, dass die Dame mehr lächelt – also Mundwinkel nach oben! Licht und Schatten setzen, auch unter dem Kinn und am Hals.
8 Jetzt kann auch der Hintergrund eine Farbe erhalten. Im Gegensatz zu der üblichen Vorgehensweise – zuerst Hintergrund, dann Vordergrund -, hier genau umgekehrt vorgehen.
Die Entscheidung, welche Farbe für den Hintergrund verwendet wird, fällt erst, wenn das Porträt fertig ist. Ich habe mich hier als Kontrast zu dem lebendigen Porträt für einen homogenen Auftrag in einem kühlen Grau entschieden.
Mit den Acryltuschen kann man auf Leinwand nass-in-nass wie im Aquarell zu malen. Die Tusche hat allerdings den Vorteil, dass sie wasserfest und lichtecht auftrocknet.
Und nun los: Welche Materialen könntest du noch für den Kopfschmuck verwenden? Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt!
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