Acrylfarben 1: Ein Überblick

Die Acrylfarben gehören zu den neueren künstlerischen Malmitteln. Sie wurden erst in den 1940er Jahren in Amerika entwickelt und einige Jahre später folgte dann die Produktion in Europa.
Heutzutage zählt die Acrylfarbe zu den wichtigsten Farben in der bildenden Kunst überhaupt. Aufgrund ihrer Vielseitigkeit, ihrer leuchtende Farben und nicht zuletzt aufgrund der schnellen Trocknung wird sie sowohl von professionellen Malern wie auch von Hobbykünstlern verwendet.
Außerdem bietet der Einsatz von Werkzeugen, Materialien und Strukturmitteln einen ungeheuren Gestaltungsspielraum für die eigene Kreativität und ermöglicht die unterschiedlichsten Techniken und Malstile.

Dieser Beitrag ist der erste Artikel in unserer Reihe zum Thema Acrylfarben auf KUNSTschön.de und gibt einen ersten Überblick über die Möglichkeiten, die die Acrylfarbe im künstlerischen Bereich offeriert. Weitere Artikel werden sich mit den verschiedenen Aspekten der Acrylfarben beschäftigen, z. B. den verschiedenen Farbqualitäten, geeigneten Malgründen, dem Mischverhalten und vielem mehr.

pastose Acrylfarben Palette
Pastose Acrylfarbe auf einer Palette (Foto: Frank Schuppelius)

Acrylfarben: Was sie sind und was sie können

Woraus Acrylfarben bestehen

Acrylfarben bestehen im Wesentlichen aus Farbpigmenten und synthetischem Bindemittel. Die hierfür verwendeten Bindemittel sind aus Erdöl gewonnene Kunstharze, die Farbpimente hingegen sind sowohl organischen wie synthetischen Ursprungs.

Pigmente – Farbkraft der Natur

Pigmente können aus Mineralien, zerriebenem Gestein oder aus Pflanzen gewonnen werden. Das Wissen um die Gewinnung solcher Farbpigmente ist sehr alt. Bereits in der Höhlenmalerei begegnet uns die Verwendung von Pigmenten und Bindemitteln. Die Künstler der Steinzeit mischten ihre aus Gesteinen, Erzen oder Kohle hergestellten Pigmente mit Kalk, Blut und pflanzlichen Harzen oder mit Wasser. Gelbe und rote Erdfarben kamen in der Steinzeitkunst hauptsächlich zu Anwendung. Die Ägypter dagegen kannten bereits blaues Pigment, gewonnen aus den Mineralien Azurit und Lapislazuli.

Häufig selten und teuer

Azurit war bis in das späte Mittelalter hinein das wichtigste blaue Pigment. Sehr viel teurer, aber auch wertvoller war das aus dem Lapislazuli gewonnene Ultramarin. Da Lapislazuli seinerzeit nur in einer Bergregion im heutigen Afghanistan abgebaut wurde, musste es im Mittelalter über den Seeweg nach Venedig importiert werden. Denn in Venedig hatte sich bereits im 1500 Jahrhundert der eigenständige Berufsstand der Farbhändler entwickelt. Daher auch der Name der mit Lapislazuli hergestellten Farbe: „ultra marino”, jenseits des Meeres.

Farbige Pigmentpulver in Holzboxen
Pigmentpulver in Holzboxen (Thom Masat on unsplash)

Erfindergeist macht’s möglich – synthetische Pigmente

Man ahnt es bereits: Aus Kostengründen werden viele dieser Pigmente mittlerweile synthetisch produziert. So wurde das erste künstliche blaue Pigment, Preußisch Blau, bereits 1704 hergestellt. Auch der Aufschwung der Textilindustrie im 19. Jahrhundert wäre ohne die industrielle Produktion künstlicher Farbstoffe in dieser Form nicht möglich gewesen. Nicht von ungefähr liegt die Geburtsstätte von Bayer an den Ufern der Wupper in Wuppertal, dem deutschen Manchester. Hier begann J. W. Adolf von Bayer im Jahr 1897 als erster mit der industriellen Herstellung von Indigo.

Tuben mit Acrylfarbe, die in einen Kreis gelegt wurden.
Pastose Farben aus Tuben sind meist von hoher Qualität und verfügen über einen hohen Pigmentanteil. (Foto: Frank Schuppelius)

Das Acryl in der Acrylfarbe: Bindemittel

Die in der Acrylfarbe enthaltenen, ursprünglich meist pulverförmigen Pigmente benötigen ein Bindemittel, damit die flüssige bis cremige Konsistenz entsteht und so überhaupt auf dem Malgrund haften zu können. Dieser sogenannte Binder ist eine Acrylharzemulsion. Sie besteht aus Reinacrylat, also winzigen Acrylharzteilchen, und Wasser.
Durch den Wasseranteil in der Emulsion ist Acrylfarbe, wie bereits gesagt, wasserlöslich, solange sie noch feucht ist. Beim Trocknen der Farbe verdunstet das Wasser und die Farbe wird wasserfest.

Für mehr Deckkraft oder Menge: Füllstoffe

Außerdem enthalten einige Acrylfarben Füllstoffe. Das können verschiedene Kreiden, Gesteinsmehle etc. sein. Zum Teil verstärken sie die Deckkraft einer Farbe, in welchem Fall ist ihr Vorhandensein also kein Zeichen niedriger Qualität ist. Besonders bei günstigeren Farben kann es aber vorkommen, dass die Farbe mit Füllstoffen “gestreckt” wird, was natürlich die Farbbrillanz und damit die Qualität beeinträchtigen kann.

Verschiedene Acrylfarben in Tuben, Flaschen und Tiegeln.
Acrylfarben zählen zu den wichtigsten Farben in der bildenden Kunst überhaupt. Das Angebot im Fachhandel ist entsprechend umfangreich. (Foto: Frank Schuppelius)

Die Qualität macht’s

Das Angebot an Acrylfarben ist heute so vielfältig, dass es für Einsteiger oftmals verwirrend erscheint. Wir werden uns daher in einem der Folgeartikel mit diesem Thema noch einmal eingehender beschäftigen. An dieser Stelle sei nur soviel gesagt: Die meisten Farbhersteller bieten verschiedene Qualitäten für unterschiedliche Verwendungen und Zielgruppen an. Häufig gibt es eine einfache Basisqualität als preiswerte Farbe für den Einsteiger, eine mittlere Studienqualität, die stärker pigmentiert und zähflüssiger ist, und eine hochwertige Künstlerqualität. Letztere besteht aus wesentlich teureren Rohstoffen und bietet entsprechend stark pigmentierte, pastose Farben. 

Ausprobieren!

Ich würde jetzt gerne hier schreiben, dass die Qualität der Farben am Preis ablesbar ist. Meist ist dies so, aber eben auch nicht immer. Es gibt bereits sehr gut mittlere Qualitäten, mit denen man als Künstler gute Ergebnisse erzielen kann. Leider gibt es hinsichtlich der Qualitätenbezeichnungen bei den Farbherstellern keine einheitliche Norm. Da hilft im Einzelfall dann nur Ausprobieren, denn auch die Deckkraft der Farben unterscheidet sich je nach Hersteller. Hinzukommt, dass auch die Lichtechtheit in der Angabe variiert und in ihrer Systematik eben nicht einheitlich von den Herstellern geführt wird.

Farbqualität nach Bedarf auswählen

Man sieht, die eingehende Beschäftigung mit dem Thema „Acrylfarben“ im Vorfeld eines Einkaufs lohnt sich. Das gleiche gilt für das Gebinde. Die Entscheidung, ob nun Tube, Glas, Plastikflasche oder Eimer, ist abhängig von den gewünschten Eigenschaften und der benötigten Menge. Aber auch die Häufigkeit und die Art des Arbeitens spielen eine Rolle.
Wichtig erscheint mir, dass die Farben einer Studien- und einer Künstlerqualität sich beispielsweise problemlos mischen lassen. Ich kann also eine Grundierung in einer anderen Qualität vornehmen als den späteren Farbauftrag! Daher sollte man sich nicht nur auf eine Qualität festlegen, sondern durchaus je nach seinen Bedürfnissen und Vorgehensweisen variieren.

Pinsel und Malspachtel mit feuchter Acrylfabe
Da Acrylfarben in feuchtem Zustand wasserlöslich sind, kann man Pinsel und Arbeitsgeräte direkt nach der Arbeit problemlos mit kaltem Wasser reinigen. (Foto: Frank Schuppelius)

Vorteile der Acrylfarben

Nicht ohne Grund sind Acrylfarben das beliebteste Malmedium unserer Zeit. Acrylfarben sind leicht zu verarbeiten, denn es müssen keine Lösungsmittel verwendet werden. Sie können also mit Wasser verdünnt und verarbeitet werden, ein ganz wesentlicher Vorteil. Außerdem haben sie eine hohe Farbbrillanz und trocknen schnell. Schon nach kurzer Zeit ist eine Farbschicht – wenn die Farbe nicht extrem pastos aufgetragen wurde – durchgetrocknet und dann wasserfest. Dies wiederum erlaubt das Übereinanderlegen von Lasuren, ohne dass die darunter liegende Schicht wieder angelöst wird. Und dies erlaubt vor allem ein schnelles Arbeiten!

Unendliche Möglichkeiten dank vieler Zusatzmaterialien

Zusätzlich kann man die Eigenschaften der Farben beeinflussen, indem man auf die zahlreich im Handel angebotenen Mal- und Strukturmittel zurückgreift und sich unterschiedlicher Werkzeuge und Hilfsmittel bedient.
Auf die umfangreichen Zusatzmaterialien, die Hilfs- und Strukturmittel, Firnisse und Lacke sowie auf Werkzeuge und Malgründe werden wir in weiteren Beiträgen der Acrylfarben-Reihe auf KUNSTschön.de eingehen. 

Flachpinsel mit Palette
Pinsel, u. a. ein mit der Schere beschnittener Flachpinsel für besondere Effekte. Pinsel und anderes Arbeitsgerät sollte mit Wasser gereinigt werden, solange die Farbe noch feucht ist. (Foto: Frank Schuppelius)

Reinigung von Pinseln und Spachteln

Acrylfarben sind, wie gesagt, wasserlöslich.  Das hat den großen Vorteil, dass man noch feuchte Pinsel und Hilfsmittel problemlos unter fließendem kalten Wasser reinigen kann. Außerdem kommt man so ohne gesundheitsgefährdende Lösungsmittel aus. Daher sind Acrylfarben auch fast geruchsneutral, beim Arbeiten in geschlossenen Räumen sehr angenehm!
Sie sind zudem meist sehr lichtecht und alterungsbeständig. Außerdem sind sie äußerst flexibel und sie haften auf fast allen fettfreien Oberflächen. Gerade im Bereich der Collage und Objektcollage ist diese Eigenschaft von entscheidendem Vorteil.

Acrylfarben: Die Vorteile auf einen Blick

  • einfache Handhabung
  • ohne Lösungsmittel, daher fast geruchsneutral
  • vielfältigen Verarbeitungsmöglichkeit
  • können lasierend, deckend oder pastoser aufgetragen werden 
  • in feuchtem Zustand wasserlöslich, daher verdünn- und auswaschbar
  • nach dem Trocknen wasserfest
  • haften auf nahezu allen fettfreien Untergründen
  • hohe Lichtechtheitswerte
  • hohe Alterungsbeständigkeit

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3 Antworten auf „Acrylfarben 1: Ein Überblick“

    1. Liebe Petra, vielen Dank für deinen netten Kommentar! Von vielen Künstlern höre ich immer wieder, dass es eigentlich gar nicht auf irgendeine Begabung ankommt, sondern darauf, dass man überhaupt anfängt! Ich wünsche dir viel Freude beim Malen!

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